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{WN 30. März 2007} Schrei es durch Tarzan hinaus „Sag’s durch Tarzan!“ Die Tarzan-Skulptur von Johannes Gramm kommt bei Kindern hervorragend an. Spontan finden sie klasse, dass man durch den hohlen Kopf mit den trichterhänden schallverstärkt brüllen könnten. Erwachsenen geht es ähnlich. Etwas flackert kurz ihren Augen auf bei dem Gedanken, hinter Tarzan kurze Worte zu finden, die der Gute dann rausbrüllt. Irgendwo im Großstadt-Dschungel
des Essener-Südens soll sie stehen. Der Norden der Stadt habe schon
oft Kunst geschenkt bekommen, "weil da noch nichts ist". Aber der Süden könnte
auch mal was abbekommen, findet der Künstler. WN: Welche Orte stehen denn überhaupt zur Debatte? JG: Bürgervorschläge sind willkommen. Vielleicht kennt jemand einen Platz, der geeignet ist. Kruppwald, Heisiwald, hinterm Uhlenkrug in den Stadtwald brüllen. Es sollte keine lästige Klangkunst werden. Aber wenn von den Ruhrhöhen die Jugendlichen abends ins Tal brüllen, hätte das auch was (lacht). Die Skulptur sollte einen erreichbaren Ort zu einem besonderen machen, an dem man sich verabredet und noch Jahre später erinnert, was hier den Anfang genommen hat. Das kann auch die erste Verabredung eines Paares sein. WN: Die Angst vor lästiger Klangkunst liegt aber nahe. JG: Eine große Glocke ist auch keine lästige Klangkunst. Ich will aber keinen Ort, an dem Tarzan abends einen Stöpsel in den Mund bekommt, der erst am Morgen wieder aufgeschlossen wird. WN: Sie sprechen von der größten begehbaren Tarzan-Skulptur. Ein bischen Größenwahn ist also o. k.? JG: Es ist kein Größenwahn. Die Figur ist nicht wirklich teuer und es handelt sich um ein Projekt, das bleiben wird, eher als die „Zweite Stadt“ oder die Folkwang-Atolle. Wobei beides tolle Ideen sind, die ich bewundere. WN: Das "All Story Magazin" druckte die Tarzan-Geschichte 1912. Damit wäre zwei Jahre nach der Kulturhauptstadt 2010, Tarzan immerhin hundert Jahre alt. Welche Geschichte sollte er dann durch Sie erzählen? JG: Also wenn sie gegossen werden sollte, dann erst Mal: Jubel. Das wird wie noch mal Silvester woanders feiern. Erst mal wird es viel Arbeit sein, und war schon viel und wird noch mehr. Sponsoren müssen gesucht werden. Aber wenn alles fertig ist, dann hör ich zu. Ich bin neugierig, wie sie benutzt wird. Ich bin zuwenig selbst Bühnenmensch. Meine Arbeit besteht ja auch sonst in den Bühnenbildern. Ich sitze lieber in der Regie, obwohl ich auch reden kann. Das muss ich beim Unterrichten an der Uni ja auch. Nur brüllen tu ich da nicht. WN: Wie kommt man auf den Tarzan? JG: Eigentlich fußt die Idee auf
einer anderen. Zwei Sachen werden oft vertauscht: Man sollte im Museum
keine starkfarbene Kleidung tragen,
weil die Farbe dann mit empfindlich komponierten Bildern wetteifert,
aber dürfte natürlich reden. Im Konzert ist es anders herum: Man sollte buntbekleidet
schweigen. WN: Tarzan war der Sohn eines britischen Lords und dessen Frau. Ihre eigene Vita? JG: Oh weh, wenn die Nachbarn jetzt erfahren, dass ich in Essen und nicht in Werden geboren bin! Aber aufgewachsen bin ich in Werden. Studiert habe ich Literaturwissenschaften, Philosophie, zwei Semester Mathe, Erziehungswissenschaften und Kunst. Mein Atelier habe ich im 'Kunsthaus' der Stadt Essen gemeinsam mit zwölf bildenden Künstlern, einem Musiker und zwei Tänzern. WN: Tarzan erhielt seine jugendliche Ausbildung von Affen. Gewissermaßen ein kultureller Habenichts. Wo liegt das Pro und Kontra eines solchen Lebens? JG: „Na ja, es ist ein bisschen wie im Ruhrgebiet. Damit meine ich nicht,
dass die Leute Affen sind und im Urwald leben, sondern dass es ein kulturell
noch junges Gebiet ist, noch erschließbar. Anderswo kennt man „Filialen“,
die für Kunstwerke von den Bürgern unterschieben werden. Fragen Sie
in Berlin jemanden: „Wir möchten dieses Projekt machen, wollen Sie
dafür unterschreiben?“ Dann sagen die „Ja, das ist lustig.
Viel Glück!“ und Sie bekommen die Unterschrift. Hier fragen die
Leute: „Kommt da noch was nach? Hat das Nachteile?“. Das
meine ich. WN: Jane, Tarzans Geliebte, ist Tochter eines Wissenschaftlers. Dass der Wilde Anerkennung durch die Wissenschaft erfährt, ist das der Traum auch eines Künstlers? JG: Ja, das ist spannend. Es ist ja nicht so, dass Tarzan nicht für die Welt taugt, man könnte auch sagen: Die Welt ist nicht gut genug für Tarzan. Es ist aber auch so, dass Jane durch Tarzan anerkannt wird. "Ich Tarzan, Du Jane" macht klar, wer hier wen anerkennt. Aber eine Jane-Skulptur ist nicht angedacht, obwohl einige Freunde das gefordert haben. WN: Wie sehen die Kinder einer Beziehung aus, ich meine diejenigen zwischen Besucher und Tarzan, bei der sich einer nur durch den anderen ausdrückt, indem er hindurch schreit? JG: Ganz klar, noch andere Tarzanfiguren an anderen Orten! Aber eins nach dem anderen. WN: Noch mal: Tarzan ist ein moralisch guter Kulturbanause. Wem sollen den durch so eine Skulptur Manieren beigebracht werden? JG: Jedem. Vor allem persönliche Autorität verleiht Tarzan allen, die ihn für sich benutzen. WN: Statt naivem, moralischen Kraftpaket soll Ihr Tarzan ein wenig zur Hühnerbrust neigen. Warum nicht imposanter? Wenn der wortkarge Modelathlet zum wortgewandten Schmalhans mutiert, dann kann man nur sagen: Davon haben wir schon genug! JG: Wer ist 3,80 hoch? Die breiten Schultern bleiben breit, aber ich brauche keinen Superhelden, nur einfach einen Helden, der eigentlich noch ganz normal ist. Wer will, kann sich im Tarzan-Informationszentrum www.tarzanskulptur.de ja ein eigens Bild machen. Odile Baumann Den Atikel als jpg-datei HIER downloaden. |
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